Was ist das Interessanteste an Ihrem Beruf?
Das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Ich bin nun bald 40 Jahre in diesem Metier tätig und man möchte meinen, es sei langsam alles 'Business as usual'.. Aber es ist nur die Erfahrung, auf die ich zählen kann. Da die Chöre sich personell jedes Jahr verändern, bleibt die Interaktion zwischen mir und meinen Ensembles immer dynamisch und lebendig. Darauf wollte ich nie verzichten.
Wie sehen Ihre 15 Minuten kurz vor einem Auftritt aus?
Mit den Jüngeren ist es manchmal ganz schön wuselig. Da muss noch die Chorkleidung gerichtet und Reihen aufgestellt werden. Wenn ich mit den Älteren unterwegs bin, geht es deutlich ruhiger zu. Bei sehr grossen, zum Beispiel oratorischen Konzerte, die allerhöchste Konzentration von mir fordern, überlasse ich diese Aufgaben eher den Betreuungspersonen und ziehe mich zurück. Dann sehe ich den Chor erst wieder auf der Bühne.
Haben Sie eine Lieblingsstelle in DOROTHEA?
Ich würde sagen, es gibt drei: 'Chläusli schlaf', das fürsorgende Moment in der Person der Dorothea, dann der Moment der 'innere Finde', in der das Ringen um die Entscheidung zum existenziellen Kampf wird und natürlich das Bruder-Klausen-Gebet, das seine ungeheure, bewegende Kraft aus seiner Schlichtheit und der Kombination von Chor und Jodel entfaltet.
Was mögen Sie an Ihrem Beruf am liebsten?
An meinem Beruf als Sängerin auf der Bühne mag ich besonders, dass ich die Menschen mit meiner Stimme berühren darf und ihnen so eine Freude bereite oder sie den Alltag vergessen lassen darf. Als Gesangspädagogin ist es unglaublich spannend mit unterschiedlichen Stimmen zu arbeiten und ihnen schöne Klänge zu entlocken.
Wie bereiten Sie sich auf einen grossen Auftritt vor?
Je länger, je wichtiger wird für mich Zeit. Das heisst, ich plane Zeit, in der ich üben kann, aber auch Zeit habe für einen Spaziergang im Wald. Gerade für die Dorothea gibt es nebst der stimmlichen Vorbereitung auch viel mentale Arbeit um in die Rolle dieser faszinierenden Frau zu schlüpfen.
Ist Ihnen die Figur der 'Dorothea' sympathisch?
Anfänglich war sie das nicht, denn ich konnte nicht verstehen, wie man für einen Mann, der seine Frau und seine 10 Kinder verlässt, so viel Verständnis aufbringen kann. Nach langer Auseinandersetzung mit der Geschichte rund um Dorothea und Niklaus bewundere ich sie für ihren Mut und ihre unendlich tiefe Liebe.
Wie bekommt Ihnen der 'Ruhestand'?
Für mich war die Pensionierung ein rein formaler Transfer, ist doch 'Ruhen' mit heutigen 65 Jahren totaler Anachronismus! Ein Wohlstandsübel ist er also, denn heutige 70er fühlen sich wie 60-jährige vor 50 Jahren. In den letzten sechs Monaten spielte ich an verschiedensten Orgeln unterschiedlichste Konzerte: Ich bin so dankbar, mit spannenden Partnern Neues erarbeiten und erleben zu dürfen!
Haben Sie noch Lampenfieber?
Die Vorbereitung und mentale Beschäftigung mit Inhalten und Locations sind entscheidend, ebenso die Forderung an sich selber und die Erwartung des Publikums: Das gibt eine schöne Spannung und Freude, lassen einem 'vegizzle' vor Erlebnishunger.
Auf welche Orgel freuen Sie sich am meisten?
Im Luzerner Lukas bringt's die Orgel auf den Punkt, in Alt St. Johann freue ich mich auf heimatliche Begegnungen, in Sachseln geniesse ich den Kraftort in vollen Zügen: Whuauh!